Tänzerin bzw. Tanzlehrerin für Bollywood-Tanz und Kathak-Tanz ist unter Umständen Künstlerin im Sinne des § 2 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Im Streit ist die Versicherungspflicht der Klägerin in der Künstlersozialversicherung (KSV). Die 1982 geborene Klägerin arbeitet als Tänzerin für klassische indische Tänze sowie für Bollywood-Dance und weitere Tanzarten.
Sie nahm seit 1994 Tanzunterricht, ab 1996 auch in orientalischem Tanz. Ab 1998 studierte sie den klassischen indischen Kathak-Tanz. Im Jahr 2005 schloss sie erfolgreich eine Seniorprüfung der Ausbildung in der Master class an der Pn Universität in C/Indien ab. Parallel dazu wurde sie in Bollywood-Dance ausgebildet.
Sie gründete 2004 das Ensemble „P“ sowie 2006 die „D“, welche sich der Fusion von klassischem Kathak-Tanz und modernem indischem Tanz – Bollywood-Dance – widmet.
Seit 2005 unterrichtet sie Bollywood-Dance. Daneben ist sie als Dozentin für Workshops im Bereich Orientalischen Tanz und Bollywood-Dance tätig. Seit 2006 ist sie ferner in einem Ensemble für Taiko (japanische Trommeln) auch als Musikerin tätig.
Bei den aufgeführten Tanzstücken handelt es sich um eigene Choreografien, in denen die Klägerin unter Grundlage des indischen Tanzes durch Umgestaltungen Verbindungen zum klassischen europäischen Tanz herstellt.
Der heutige Kathak-Tanz entstammt aus der Fusion von hinduistischer und muslemischer Kultur in Indien.
Bei „Taiko“ handelte es sich um eine japanische Percussiontechnik. Bei ihren Auftritten als Taiko-Künstlerin ist die Klägerin sowohl als Percussionistin als auch als Tänzerin tätig.
Unter Einreichung des entsprechenden Fragebogens beantragte die Klägerin am 2. Oktober 2007 bei der Beklagten die Aufnahme in die Künstlersozialkasse ab 1. Oktober 2007. Sie gab an, Tänzerin zu sein. Sie reichte hierzu diverse Unterlagen über ihren Werdegang, laufende und geplante Objekte, Vertragskopien von Engagements sowie Abrechnungen ein.
Die Beklagte beschied die Klägerin mit Bescheid vom 31. Januar 2008, sie unterliege nicht der Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG). Sie sei nicht Künstlerin im Sinne des § 1 KSVG, da ihre ausgeübte Tätigkeit als Tänzerin keine künstlerische Tätigkeit im Sinne des Gesetzes sei. Vielmehr trete sie im Rahmen von Banketten und Tanzshow-Veranstaltungen etc. auf. Notwendig sei hingegen die Aufführung von Tänzen im klassischen Werkbereich der darstellenden Kunst, d. h. im Ballett, dem modernen Tanztheater, der Oper oder dem Varieté.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Dass tänzerische Tätigkeit nur dann Kunst sei, wenn sie auf einer klassischen Bühne dargeboten werde, sei unrichtig. Maßgeblich sei vielmehr, ob die Tänze vor einem Publikum aufgeführt würden.
Sie wies auf diverse Tanzprojekte hin, bei welchen sie eigene Choreografien aufführe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2008 zurück. Zur Begründung führte sie (nunmehr) aus, die Lehrtätigkeit der Klägerin im Bereich indischer klassischer Tanz sei nicht als Lehre von darstellender Kunst einzustufen, sondern als Vermittlung praktischer Fähigkeiten im Bereich des Breiten- bzw. Freizeitsports. Die allgemeine Verkehrsauffassung, nach der es sich richte, ob eigene schöpferische Darstellungen im Bereich des Sports oder dem der Kunst zuzuordnen seien, spräche hier für Sport. Von sportlicher Betätigung sei nämlich auszugehen, wenn für eine Aktivität ein Regelwerk existiere, das von einem entsprechenden Verband erlassen worden sei. Die von der Klägerin unterrichtete Tanzform zähle zu dem vom Deutschen Tanzsportverband e. V. (DTV) angebotenen Breitensportprogramm. Zum Bereich des Tanzsportes zählten u. a. Kindertanzshows, Jazztanz, Tango argentino, Hiphop, Salsa, Breakdance, historische Tanzvorführungen, Merengue, Flamenco, Stepptanzen, orientalische Tänze, Streetdance sowie Linedance (Bezugnahme auf BSG-Urteil vom 7. Dezember 2006 – B 3 KR 11/06 R –). Die von der Klägerin unterrichtete Tanzform werde in Sportverbänden organisiert und wettkampfmäßig ausgeführt. Auf den Umfang der Kreativität und des Gestaltungsspielraumes komme es nicht an, ebenso wenig, ob bestimmte Schrittfolgen vorgeschrieben seien oder die „freie Improvisation des Tanzpaares“ im Vordergrund stehe. Die Beklagte hat ferner auf das Urteil des Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 15. Mai 20072007 (L 11 KR 523/07) verwiesen, wonach auch Tänze im Bereich der Folklore nicht als künstlerische Tänze einzustufen seien.
Hiergegen hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) (SG) erhoben. Sie hat Unterlagen eingereicht, aus denen sich Auftritte der Klägerin auf klassischen Bühnen ergeben.
Zur Begründung hat sie ergänzend ausgeführt, ca. 70 % ihrer Arbeitszeit widme sie dem Bühnentanz sowie dessen Vorbereitung im Rahmen von Tanzaufführungen des klassischen indischen Kathak-Tanzes sowie des modernen Bollywood-Tanzes. Nur 30 % der Zeit entfalle auf das Unterrichten.
Die Veranstaltungen, in deren Rahmen sie auftrete, seien Varieté. Anders als bei der Folklore handele es sich beim Kathak-Tanz um einen reinen Bühnentanz, der sich über Jahrhunderte entwickelt habe und auch heute noch einem ständigen Wandel unterliege. Er werde direkt für die Bühne choreografiert und mit eigens für den Tanz komponierter Begleitmusik aufgeführt. Das Bewegungsrepertoire sei hoch stilisiert und beruhe auf technischer Präzision in der Ausführung. Um als Kathak-Tänzer gelten zu können, bedürfe es eines langjährigen Studiums in dieser Tanzform. Dieses erfolge an staatlichen oder privaten Akademien. Volkstänze (Folkloretänze) erforderten hingegen keine professionell ausgebildeten Tänzer. Sie dienten der Pflege des Brauchtums.
Auch in ihrem Tanzunterricht stehe die Vermittlung von eigenen, also von der Klägerin selbst erstellten Choreografien, im Vordergrund. Ziel sei die Aufführung des Stückes durch die Tanzschüler am Ende des Semesters oder im Rahmen von diversen Tanz- und Kulturveranstaltungen. Insoweit lasse sich ihre Arbeit auch als Tanztheater einstufen.
Die Klägerin hat sich ergänzend auf eine Stellungnahme des Direktors der Kulturabteilung der indischen Botschaft in Berlin vom 30. Juni 2011 berufen, in der der Kathak als einer der klassischen indischen Tänze bezeichnet wird.
Die Beklagte hat ihre Argumentation wiederholt, dass die Klägerin sich jedenfalls schwerpunktmäßig nicht im klassischen Wirk- und Werkbereich der darstellenden Kunst (Theater, Oper und Varieté) bewege.
Es gebe keine allgemeine Verkehrsanschauung, welche die Tanzformen der Klägerin als vergleichbar mit dem Ballett einstufe.
Nach § 2 Satz 1 KSVG unterfielen nur solche Lehrtätigkeiten der Künstlersozialversicherung, die der aktiven Kunstausübung der Schüler dienten. Gegenstand der Lehrtätigkeit müsse die Vermittlung praktischer und theoretischer Kenntnisse sein, die sich auf die Fähigkeiten und Fertigkeiten des Unterrichteten bei der Ausübung von Kunst auswirkten. Er erscheine der Beklagten zwar nicht ausgeschlossen, dass sich einzelne Schülerinnen und Schüler der Klägerin dem Bühnentanz zuwendeten. Überwiegend diene der Tanzunterricht aber nicht als Grundlage einer ballettartigen Kunstausübung, sondern der Ausübung von Breiten- bzw. Freizeitsport.
Das SG hat die Beauftragte des Deutschen Tanzsportverbandes e. V. für den orientalischen Tanz M um Auskunft gebeten.
Diese hat in ihrer Auskunft vom 8. Juni 2011 u. a. ausgeführt, dass weder „Bollywood-Tanz“ noch „Kathak-Tanz“ als Breitensportdisziplin im DTV betrieben würden. Sie unterlägen überdies – wie auch der orientalische Tanz – keinem tanzsportverbandlichen Regelwerk bzw. Wettbewerbscharakter. Es sei allerdings denkbar, dass es bei entsprechender Interessenlage und Nachfrage durchaus vereinzelte Angebote in Tanzsportvereinen oder in Tanzschulen geben könne. Weder Kathak-Tanz noch Bollywood-Tanz seien verbandlich als Tanzform oder als Tanzsportdisziplin erfasst oder organisiert.
Mit Urteil vom 11. Dezember 2012 hat das SG den Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin seit dem 2. Oktober 2007 nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Die Versicherungspflicht sei ab dem Tag der Meldung bei der Beklagten festzustellen im Sinne der § 1 Nr.1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 S. 1, 11 Abs.1 KSVG. Die Klägerin sei Künstlerin nach § 2 S. 1 KSVG. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit im Bereich der Tanzlehre oder der Tanzauftritts liege. Beides sei dem Bereich der darstellenden Kunst zuzuordnen.
Die berufliche Tätigkeit der Klägerin sei ausgehend vom Katalog dem Katalogberuf des Balletttänzers durchaus vergleichbar. Ballett stehe für eine bestimmte Form des Bühnentanzes neben anderen Richtungen, wie z. B. dem Modern Dance (BSG, Urteil vom 1. Oktober 2009 – B 3 KS 3/08 R –). An den meisten Bühnen träten Tänzer nicht nur im klassischen Ballett auf, sondern auch in Opern, Operetten und Musicals (Bezugnahme auf http://infobub.arbeitsagentur.de.berufe-stichwort“bühnentänze“). Daneben gebe es professionellen Tanz auch in Film und Fernsehen. Bei den von der Klägerin angebotenen und dargebotenen Bollywood-Tänzen und Kathak-Tänzen könne eine die darstellende Kunst ausschließende Form des Tanzes als Bestandteil des (professionellen) Spitzen- bzw. Leistungssportes oder des nicht professionellen Breiten-Freizeitsports ausgeschlossen werden. Dass die Klägerin ihre Tänze nicht nur auf klassischer Bühne aufführe, sei unschädlich. Entscheidend sei vielmehr der öffentliche Auftritt. So werde etwa im Bereich der Künstlersozialabgabe (§ 24 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 KSVG) lediglich eine öffentliche Darbietung oder Aufführung künstlerischer Werke gefordert. Die Klägerin, die eigene Choreografien eines zeitgenössischen Tanzes (Bollywood) und eines per se Kreativität voraussetzenden klassischen indischen Tanzes entwickele und zur Aufführung bringe, unterfalle sogar dem engen Kunstbegriff des Bundesverfassungsgerichtes. Wirkbereich der Kunst meine dabei lediglich, der Öffentlichkeit Zugang zu dem Kunstwerk zu verschaffen, d. h. seine Darbietung und Verbreitung (Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 3. November 1987 –1 BvR 1257/84, 1 BvR 861/85– juris-Rdnr. 31). Eine Vergleichbarkeit zum klassischen Ballett als Bühnentanz müsse demnach lediglich insofern hergestellt werden, als es sich in Abgrenzung zur Folklore und Sport überhaupt um Tanzkunst handeln müsse, die auf einer öffentlichen „Bühne“ zur Aufführung gebracht werde. Ganz allgemein sei entscheidend für die Einordnung als Kunst die Qualifizierung des öffentlich dargebotenen (Kunst-)werkes als künstlerische Tätigkeit und nicht etwa der selbst gewählte Wirkbereich. Andernfalls seien eine Weiter- und Neuentwicklung von Kunstformen und deren Anerkennung durch das KSVG erhebliche Grenzen gesetzt, insbesondere dann, wenn der Auftrittsort Teil des Kunstwerkes sei (BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 1984 -1 BvR 812/82- juris – Rdnr. 34 ff.). Diese weite Interpretation des ausreichenden Wirkbereichs entsprechend der allgemeinen Verkehrsanschauung werde durch die Rechtsprechung z. B. im Steuerrecht verfolgt, etwa in der Auslegung des Begriffes „Theater“ im Umsatzsteuerrecht des § 12 Abs. 2 Nr. 7 a) Umsatzsteuergesetz. Zuletzt gingen auch die Veranstalter, für die die Klägerin auftrete, regelmäßig davon aus, dass ihre öffentlichen Darbietungen des Bollywood- und Kathak-Tanzes dem Bereich der Kunst zuzuordnen seien.
Gegen dieses am 28. Januar 2013 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 22. Februar 2013. Zu deren Begründung hat sie ausgeführt, dass die Klägerin überwiegend Einnahmen aus Unterrichtstätigkeit erziele. Im Mittelpunkt ihres Unterrichts stehe die Vermittlung von Basiselementen des Bollywood-Tanzes. Ziel des Unterrichts sei es nach eigener Darstellung, die Freude an der Vielseitigkeit des Tanzes zu fördern und Choreografien einzustudieren, welche zu verschiedenen Anlässen gezeigt werden könnten. Damit wolle die Klägerin nicht Künstler ausbilden. Die eigenen Tanzauftritte überwögen nach den vorliegenden Informationen nicht, so dass diese eine schwerpunktmäßig künstlerische Tätigkeit nicht begründeten (Bezugnahme u. a. auf den eigenen Internetauftritt der Klägerin unter www.d). Aus den von der Klägerin eingereichten Gewinnaufstellungen ergäben sich Gesamteinkünfte für 2007 bis 2014 aus dem Bereich des Unterrichtes in Höhe von 36.820,33 € und durch Aufführungen ein Gewinn von 29.549,82 €. Diese würde überwiegend in den Bereichen Bollywood- und orientalischer Tanz/Tribal fusion erzielt. Diese ließen sie sich unter dem Oberbegriff der orientalischen Tänze einordnen.
Auf Nachfrage des Senats hat sie erklärt, Ballettlehrer als Pädagogen im Bereich darstellende Kunst anzuerkennen.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 11. Dezember 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat ergänzend vorgetragen, sie unterrichte „eigentlich nur“ Erwachsene. Zwar seien viele freizeitorientiert, sie habe aber auch ambitionierte Kunden. Mittlerweile seien zwei Kunden von ihr selbst professionell tätig. Ziel des Unterrichts sei es jeweils, dass die Schüler selbst Tänze entwickeln und aufführen könnten. Regelmäßig führten die Kursteilnehmer zweimal jährlich von den Tanzstudios organisierte Aufführungen auf.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Unterlagen sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten, der zur Verhandlung vorlag und Gegenstand der Erörterung war, wird ergänzend Bezug genommen.
Die Berufung muss Erfolg versagt bleiben.
Das SG hat der Klage zu Recht stattgegeben.
Nach § 2 S. 1 KSVG ist Künstler im Sinne dieses Gesetzes, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Eine weitergehende Festlegung, was darunter im Einzelnen zu verstehen ist, ist im Hinblick auf die Vielfalt, Komplexität und Dynamik der Erscheinungsformen künstlerischer Betätigungsfelder nicht erfolgt. Der Gesetzgeber spricht im KSVG nur allgemein von "Künstlern" und "künstlerischen Tätigkeiten", auf eine materielle Definition des Kunstbegriffs hat er hingegen bewusst verzichtet (so weitgehend wörtlich BSG, Urt. v. 10. März 2011 –B 3 KS 4/10 R Rdnr. 9f mit Bezugnahme auf BT-Drucks 8/3172 S 21). Dieser Begriff ist deshalb aus dem Regelungszweck des KSVG unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsauffassung und der historischen Entwicklung zu erschließen. Aus den Materialien zum KSVG ergibt sich, dass der Begriff der Kunst trotz seiner Unschärfe auf jeden Fall solche künstlerischen Tätigkeiten umfassen soll, mit denen sich der "Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe (Künstlerbericht)" aus dem Jahre 1975 (BT-Drucks 7/3071) beschäftigt (BSG a. a. O. mit weiteren Nachweisen). Der Gesetzgeber hat damit einen an der Typologie von Ausübungsformen orientierten Kunstbegriff vorgegeben, der in aller Regel dann erfüllt ist, wenn das zu beurteilende Werk den Gattungsanforderungen eines bestimmten Kunsttyps (z. B. Theater, Malerei, Musik) entspricht. Bei diesen Berufsfeldern ist das soziale Schutzbedürfnis der Betroffenen zu unterstellen, ohne dass es auf die Qualität der künstlerischen Tätigkeit ankommt oder eine bestimmte Werk- und Gestaltungshöhe vorausgesetzt wird.
In dem inzwischen vierzig Jahre alten Künstlerbericht finden sich im Bereich der darstellenden Kunst als Einordnungshilfe für den Bereich Tanz und Tanztheater nur die Katalogberufe des "Balletttänzers", des "Ballettmeisters" sowie des Choreographen (BT-Drucks 7/3071 S. 7). Neben diesem Bereich der "Tanzkunst", die Teil der sehr weit gefächerten "Unterhaltungskunst" ist und zur "darstellenden Kunst" im Sinne des § 2 S. 1 KSVG gehört, gibt es den Tanz aber auch als Teil des Sports. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG kann eine Form des Tanzes, die Bestandteil des (professionellen) Spitzen- bzw. Leistungssports oder des (nicht professionellen) Breiten- bzw. Freizeitsports ist, nicht als Kunst eingeordnet werden (zuletzt BSG, Urt. v. 8. Oktober 2014 -B 3 KS .8/13 R- Rdnr. 19.
Die Klägerin betreibt keinen Tanzsport. Sie übt sowohl als Kathak- wie auch als Bollywood-Tänzerin das Tanzen wie im klassischen Ballett aus. Entsprechendes gilt für ihre Lehrtätigkeit.
Dies hat bereits das SG zutreffend und mit überzeugender ausführlicher Begründung angenommen, auf die zunächst zur Vermeidung bloßer Wiederholungen gemäß § 153 Absatz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verwiesen wird.
Es handelt sich um geradezu klassische Bühnenkunst vor Publikum.
Die Beauftragte für orientalischen Tanz des Deutschen Tanzsportverbandes e. V. hat in ihrer Auskunft vom 8. Juni 2011 u. a. ausgeführt, sowohl „Bollywood-Tanz“ als auch „Kathak-Tanz“ seien vom Ursprung und der Intention des Tanzens eher als darstellende, erzählende, gefühlsausdrückende und extrovertierte Tanzformen einzustufen, die ganz entscheidend auf Kreativität und Improvisation aufbauten. Jeder Ablauf, jede Aufführung könne jedes Mal anders sein, jeder Tänzer/in könne die Tanzgeschichte neu und individuell choreografieren und aufführen. Insofern bewege sich die Tätigkeit im tanzkünstlerischen Umfeld. Von einer tanzsportlichen Aktivität könne nicht ausgegangen werden. Sie hat ferner wörtlich ausgeführt:
„Der „Bollywood-Tanz“ ist (…) keine einheitliche Tanzform, sondern eine Fusion verschiedener Tanzstile, was im Übrigen heutzutage immer öfters anzutreffen ist. Im Bollywood-Tanz herrschen sowohl klassische indische Tempeltänze wie auch traditionelle indische Volkstänze vor, jedoch kommen sehr oft auch Elemente aus dem orientalischen Tanz und dem modernen Hip-Hop bzw. Videoclipdance zum Einsatz (…). „Bollywood-Tanz“ darf nicht mit alten klassischen indischen Tanzformen wie z. B. „Kathak-Tanz“ gleichgesetzt werden. „Bollywood-Tanz“ ist vielmehr eine freie, ausgelassene und verspielte Tanzform, die ohne Regel und Vorschriften sehr viel Raum für eigene Kreativität lässt. Die Bewegungsabläufe sind im Vergleich zum klassischen „Kathak-Tanz“ weniger komplex und daher leichter zu erlernen.
Der „Kathak-Tanz“ ist dem gegenüber ein klassischer indischer Tanzstil, der vor allem in Nordindien, im Punjab und im Bundesstaat Uttar Pradesh verbreitet ist. Der Name Kathak leitet sich von Kathak „der Kunst des Geschichtenerzählens“ ab. Der Kathak-Tänzer war ursprünglich ein Geschichtenerzähler, der in rhythmischen Versen mythologische Geschichten in den Tempeln zur Verehrung der Götter vorgetragen hat. Der Kathak von heute entwickelte sich unter dem Einfluss der muslemischen Mogulen eher vom sakralen Tempeltanz hin zu einer Art Hoftanz Nordindiens. Am Hofe entwickelte sich neben der ausdrucksstarken körpersprachlichen Erzählform auch der abstrakte rhythmisch betonte Tanz. Typisch für den abstrakten Tanz sind extensive Fußpercussion, betonte Gestik und Mimik, weiche Körperbewegungen und Drehungen. Das rhythmische Erlebnis wird noch durch kleine Glöckchen verstärkt, die die Tänzer am Fußgelenk tragen.“
Soweit die Beklagte auf eine Suche auf den Internetseiten des Deutschen Olympischen Sportbundes verweist, die zum Suchwort „Bollywood“ sieben Treffer erzielt habe, ergibt sich daraus keine Hinweise auf eine Verkehrsanschauung oder die Verbreitung von Bollywood-Dance als Tanzsport, geschweige den für den Kathak-Tanz.
Im Tanzsport-Verband sind diese Tänze nicht als Disziplinen erfasst oder organisiert.
Weder Kathak-Tanz noch Bollywood-Dance sind zudem Gesellschafts- oder Folkloretänze.
Auch hilft es der Beklagten im vorliegenden Fall nicht, dass das BSG im Urteil vom 7. Dezember 2012 „orientalische Tänze“ als eine der Tanzarten als aufgelistet hat, welche nach Angaben des Deutschen Olympischen Sportbundes im Rahmen des Breitensportprogramms angeboten werden (Urt. v. 7. Dezember 2012 -B 3 KR 11/06 R- juris-Rdnr.19). Dies entbindet sie nämlich nicht von der Pflicht zu prüfen, ob nicht im Einzelfall der Tanz als „ballettartige Kunstausübung“ ausgeübt bzw. gelehrt wird (BSG, a. a. O. Rdnr. 17), was -im konkreten Fall- für ballettähnlichen Bühnentango vom BSG nicht ausgeschlossen wurde.
Dem klassischen Kunstbereich zuzuordnen sind zudem die Auftritte der Klägerin als Musikerin/Tänzerin in einem Taiko-Ensemble. Dies blendet die Beklagte gänzlich aus.
Die Klägerin ist auch nicht von der KSK ausgeschlossen, weil sie ihre Einkünfte überwiegend mit dem Unterrichten der von ihr betriebenen Tänze bestreitet.
Nach der Rechtsprechung des BSG kommt es für die Ausbildung im Bereich "Tanz" im Sinne von "Tanzkunst" nicht darauf an, ob die Lehrer über eine staatlich anerkannte musikalische Berufsausbildung als Tänzer oder eine Berufsqualifikation als Tanzlehrer verfügen und ob angehende Berufstänzer oder Laien unterrichtet werden, die nur in ihrer Freizeit am Unterricht teilnehmen und das Gelernte auch nur für Freizeitzwecke verwenden wollen. Demgemäß können auch Kinder und Jugendliche einen als "Lehre von darstellender Kunst" im Sinne des § 2 Satz 1 KSVG einzustufenden Tanzunterricht zum Beispiel im Musikverein, in der Schule oder im Internat erhalten. Voraussetzung ist aber jeweils, dass sie durch den Unterricht befähigt werden sollen, selbst aktiv als Tänzer tätig zu werden, um einen Tanz als Kunstform (nicht als Sport) darzubieten (so BSG, Urt. vom 1. Oktober 2009 -B 3 KS 3/08 R Rdnr. 18). Allerdings dürfen dabei nicht vorrangig ein therapeutischer Zwecken (zum Beispiel Musiktherapie, Tanztherapie, Mal- und Zeichentherapie) oder pädagogische bzw. didaktische Ziele prägend sein. Die gesetzliche Gleichstellung der Lehre von Musik und darstellender bzw. bildender Kunst mit der - von der Verkehrsauffassung schon immer als "künstlerische" Tätigkeiten eingestuften - Schaffung und Ausübung von Darbietungen und Werken der Kunst ist nur gerechtfertigt, wenn die Lehre, also der praktische und theoretische Unterricht, darauf gerichtet ist, dem Lernenden die Fähigkeiten und Fertigkeiten beizubringen, die erforderlich sind, um selbst zur Schaffung und Ausübung künstlerischer Darbietungen und Werke in der Lage zu sein (BSG, a. a. O. Rdnr. 19)
Auch beim Musiklehrer ist die Anerkennung eines im Bereich der musikalischen Pädagogik tätigen selbständigen als Künstler unproblematisch, unabhängig davon, ob angehende Künstler oder Laien unterrichtet werden, die eine Ausbildung nur für Freizeitzwecke nutzen (Finke/Brachmann/Nordhausen, Künstlersozialversicherungsgesetz 4. Auflage 2009, § 2 Rdnr. 12 mit Nachweisen der BSG-Rechtsprechung).
Auch der von der Klägerin angebotene Unterricht entspricht danach in entscheidenden Merkmalen dem klassischen Ballettunterricht, so dass das Unterrichten der KSK unterfällt. Auch dort sind die Grenzen zu Tänzen, die dem Begriff des Tanzsportes zuzuordnen sind, fließend. Nur ein kleiner Bruchteil der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, die Ballettunterricht nehmen, werden später professionelle Tänzer. Hier wie da dient der Unterricht aber nicht nur der Freude an der Bewegung, der Körperbeherrschung, dem geselligen Beisammensein und jedoch nicht dem Wettbewerb. Ziel ist vielmehr die Aufführung eingeübter Choreographien vor Publikum.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG sind nicht ersichtlich.